Demenz in der Familie: Alexianer-Expertinnen zeigten Wege zur Entlastung auf

Wilma Dirksen (l.) und Dr. Birgit Leonhard (r.) zeigten den Anwesenden unter der Moderation von WN-Redakteur Stefan Werding Wege und Hilfen zur Unterstützung bei Demenz in der Familie auf.

„Auch die eigene Seele pflegen…“

„Sie können stolz sein auf das, was Sie leisten“, zollte Referentin Wilma Dirksen den Anwesenden ihre große Anerkennung. Seit 27 Jahren arbeitet die Soziotherapeutin in der Gerontopsychiatrischen Beratungsstelle im Clemens-Wallrath-Haus und weiß daher wie keine andere, wie stark pflegende Angehörige von Demenzerkrankten oft an ihre eigenen Belastungsgrenzen gehen, bis sie unterstützende Hilfen in Anspruch nehmen.


„Dabei verfügen wir in Münster über ein sehr gutes Netzwerk an Angeboten“, betonte die Expertin. Gleichwohl sei der Weg bis zur tatsächlichen Inanspruchnahme von externer Unterstützung oft langwierig, die Gründe dafür sowohl seitens der Erkrankten wie auch ihrer Angehörigen vielfältig. Umso hilfreicher war es daher, dass Dirksen und ihre Mitreferentin und Kollegin Dr. Birgit Leonhard in ihrem Vortrag abwechselnd die Perspektive der Erkrankten wie auch der pflegenden Angehörigen einnahmen und auf diese Weise sehr gut nachvollziehbar die jeweiligen inneren Hürden und Schwierigkeiten im Pflegealltag aufzeigten.

„Grundsätzlich ist Demenz eine Familienkrankheit, denn sie stellt das gesamte System Familie auf den Kopf“, stellte Dirksen voran. Und immer noch seien es in erster Linie die Frauen, die ihren Mann, ihre Mutter oder Schwiegermutter pflegen. Insgesamt würden 70 Prozent aller Erkrankten zuhause gepflegt; bei 1,7 Millionen Demenzerkrankten aktuell und einer geschätzten Erhöhung auf rund 3 Millionen bis zum Jahr 2050 sei der Bedarf an Pflege stark steigend.  

Beim anschließenden Perspektivwechsel der beiden Referentinnen wurde schnell deutlich, wie schwierig es oft ist, die richtige Balance zwischen den eigenen Bedürfnissen und den Ängsten und Wünschen des Erkrankten auszuloten. „Es gehört zur Erkrankung, möglichst lange an Gewohntem festhalten zu wollen“, erläuterte die Theologin und Pflegefachkraft Dr. Birgit Leonhard. Zugleich erschwere auch der verständliche Wunsch nach Selbstbestimmung die Annahme von externer Hilfe. „Doch manchmal sind es ganz kleine Schritte, über die sich die erkrankten Familienangehörigen dann doch auch fremden Personen anvertrauen“.

Ein hohes Maß an Verantwortung, Pflicht- oder Ehrgefühl bis hin zur Scham, den eigenen Angehörigen jemanden anderen nicht „zumuten“ zu wollen, seien hingegen häufige Hürden für die Annahme externer Unterstützung auf der Seite der Pflegenden.

Doch Pflege bis zur eigenen Erschöpfung sei letztlich keine dauerhafte Lösung: „Wenn es dem Pflegenden gut geht, geht es auch dem Erkrankten besser“, weiß Dirksen aus ihrer langjährigen Erfahrung: „In 90 Prozent aller Fälle gelingt die Unterstützung und wird für beide Seiten als gewinnbringend empfunden“. Und wie vielfältig diese Hilfen aussehen, skizzierten die Expertinnen zum Schluss: sie reichen von praktischen Alltagshilfen, Schulungen, ehrenamtlichen Besuchsdiensten, Tages- und Kurzzeitpflegen bis hin zu gemeinsamen Urlauben für die Familien.  

„Behalten Sie die Seele ihres Angehörigen, aber genauso auch ihre eigene Seele im Blick, dann birgt der Pflegealltag auch viele bereichernde Momente“, ermunterten die beiden professionellen Beraterinnen die Pflegenden, sich für die vielfältigen Angebote zu öffnen.