Aus eigener Erfahrung

An dieser Stelle finden Sie einige anonyme Erfahrungsberichte ehemaliger Bewohner.

Die Essstörung ist leider ein sehr treuer Begleiter. Sie ähnelt einem Virus, den man kaum los zu werden scheint. So habe auch ich schon diverse Klinikaufenthalte hinter mich gebracht, die mir zwar zeitweise geholfen haben, aber sobald ich zurück im Alltag auf mich allein gestellt war, ging es wieder bergab. Doch irgendwann war ich es leid.

Ich war es leid, mein Leben damit zu verbringen über Kalorien und Gewichtszahlen nachzudenken und mir letztendlich durch Zwänge, Rituale und Verbote jegliche Freude am Leben zu nehmen. Es war der Moment gekommen, in dem ich gemerkt habe, dass ich etwas ändern musste. Dass ich handeln musste, wenn ich meine Träume vom Reisen, einer Familie, ja eigentlich von einem richtigen Leben wahr werden lassen wollte.

Die Entscheidung nach der Klinik nicht wieder nach Hause zu gehen, sondern in das Haus Magda und damit in eine fremde Stadt, ohne Freunde, ohne Familie, ohne jeglichen Anhaltspunkt, zu ziehen und damit auch einem verbundenen Schulwechsel entgegen treten zu müssen, war sicherlich eine der schwersten Entscheidungen in meinem Leben. Aber es war mit Sicherheit auch die Beste, die ich treffen konnte.

Das eigenverantwortliche Konzept, die Alltagsnähe und das Team im Rücken haben es mir ermöglicht die Essstörung los zu lassen und wieder Leben zu schnuppern. Ein Leben, das so viel mehr ist als Selbstzweifel, Grübelschleifen und die ständige Angst vor Lebensmitteln oder der Zahl, die auf der Waage steht. Nach und nach konnte ich in der Schule Fuß fassen und neue Freundschaften schließen, die mir die Kraft und den Mut gaben weiter zu machen, auch wenn es Rückschläge und verzweifelte Momente gab. Der Kampf gegen diesen Virus ist nie leicht und so war auch die Zeit im Haus Magda nicht immer leicht. Beschließt man nämlich einmal gegen diese Krankheit zu kämpfen, muss man auch über seine bzw. die von der Krankheit gesetzten Grenzen gehen, dort hin schauen, wo es weh tut und sich immer wieder schwierigen Situationen stellen. Wenn ich vergessen habe, welches Ziel ich eigentlich verfolge, musste mich das Team manchmal wieder daran erinnern. Auch das war nicht immer leicht, aber heute kann ich mit Gewissheit sagen, dass so unschön manche Momente auch waren, so haben sie mich doch auch stärker gemacht und dahin gebracht, wo ich heute stehe.

Als ich im Haus Magda eingezogen bin, konnte ich mir nicht vorstellen, wie es ist ein Leben ohne Essstörung zu leben und nun kann ich mir nicht mehr vorstellen einer Stimme in meinem Kopf zu folgen, die mir genauestens vorschreibt, wie viel ich mich zu bewegen und zu essen habe, die mein Leben auf ein Minimum beschränkt und meine Träume zerplatzen lässt! Ich bin dankbar die Möglichkeit gehabt zu haben im Haus Magda zu wohnen und von dort nochmal einiges mitzunehmen. Denn heute weiß ich, wo die Angst ist, ist der Weg! Und nur, wenn ich das Gegenteil von dem mache was die kranke Stimme mir befehlt, wird sie kleiner, leiser und letztendlich stumm.

 

„Danke"
Ich komme heute vor euch, um Danke zu sagen. Ich weiß, das seid ihr von mir nicht gewöhnt, denn eigentlich komme ich, um zu sagen: „Wie flattert mein Herz, wie benebelt sind meine Augen, Ich bemühe mich irgendeine Wahrheit in deinen Lügen zu finden." Ich habe geredet und geweint, geschrien gegen meine Gedanken.  Ich fühlte mich einsam, ungeliebt, ausgestoßen, wertlos und nutzlos, hässlich – innerlich hässlich. Von euch bekam ich zu hören: „In diesem Körper wirst du leben, in diesem Körper wirst du sterben. Worin du deine Liebe investierst, investierst du dein Leben." Doch mein Leben lag brach, es war mir nichts mehr wert. Und du? Gabst mir Halt, versprachst mir Hilfe, Kontrolle und Sicherheit. Ich nahm sie unbedacht an. Doch eigentlich komme ich um zu sagen: „Wie flattert mein Herz, wie benebelt sind meine Augen, Ich bemühe mich irgendeine Wahrheit in deinen Lügen zu finden.

"Du hast mich ausgenutzt, meine Not und mein Elend, meine Hilflosigkeit und Verzweiflung. Du hast mir dein Gift in die Venen geschossen und mitten ins Herz. Du hast mich vereinnahmt, mich in all meinem Tun, Denken und Fühlen gelähmt. Du hast meiner Welt alle Farbe entzogen, und alles verwandelt in ein tiefes, dunkles und eiskaltes grau. Von euch bekam ich zu hören: „In diesem Körper wirst du leben, in diesem Körper wirst du sterben. Worin du deine Liebe investierst, investierst du dein Leben.

"Doch ich war deinem Walten machtlos ausgeliefert, stand dir gegenüber - wehrlos und kraftlos. Ich war deine Sklavin, stimmlos und rechtlos wie ein getriebenes Tier, fremdbestimmt und gehetzt, auf einer rastlosen Flucht. Auf der Flucht vor Jedem und vor allem mir selbst. Du beherrschtest all meine Sinne, sie waren blind vor der Schönheit der Welt. „Wie flattert mein Herz, wie benebelt sind meine Augen, Ich bemühe mich irgendeine Wahrheit in deinen Lügen zu finden." Du machst mich wütend und traurig, einsam und ohnmächtig, verzweifelt und leer. So leer und innerlich tot, dass ich aus Haut und Knochen bestand. Ich will aufhören zu atmen, du nimmst mir mein Leben, packst mich an den Haaren, schleifst mich ins Bad, zwingst mich in die Knie, drehst um meinen Magen, und treibst mir die letzten, ehrlichen, wahren Emotionen aus den Augen. Während ich mein verkotztes Haar im Spiegel bewundere und mich frage, was es bedeutet, wahrhaft zu leben. „Und jetzt stolpert mein Herz über Dinge, die ich nicht weiß, diese Schwäche, die ich fühle, muss ich schlussendlich zeigen." Ich liege auf dem Boden, starre die Decke über mir an, und lausche dem Krieg in meinem Kopf.

„Wie flattert mein Herz, wie benebelt sind meine Augen, Ich bemühe mich irgendeine Wahrheit in deinen Lügen zu finden." Du schreist: "„Gib mir deine Hand und wir werden sie alle besiegen." Doch ich weiß: „Gebe ich dir mein Herz, lässt du mich bloß fallen." Es ist der Moment, in dem ich merke, dass ich mehr geliebt habe, als ich geliebt wurde. Es ist deine Umarmung, dein unwiderstehlich - kaltes Lächeln. Es ist die Erkenntnis, dass alle absagen, weil sich niemand traut, mir in die Augen zu sehen. Es sind die Tränen, die ich weinen muss. „Und jetzt stolpert mein Herz über Dinge, die ich nicht weiß, diese Schwäche, die ich fühle, muss ich schlussendlich zeigen." So komme ich zu euch um „Danke" zu sagen, denn bei euch konnte ich weinen und bekam zu hören: „In diesem Körper wirst du leben, in diesem Körper wirst du sterben. Worin du deine Liebe investierst, investierst du dein Leben. (…) Gib mir deine Augen, ich kann verändern was du siehst, aber deine Seele musst du behalten."

"Ich habe Tränen vergossen, geredet, geschrien, gegen meine Gedanken und fange an zu erkennen, wie wertvoll ich bin. Ich habe Hunger, habe Hunger aufs Leben und das werde ich verpassen, wenn ich aufhöre zu essen, wenn ich erkalte und es bleibenlasse. Mein Weg ist ausgetreten, geistlos und überlastet und ich habe gelernt, meinen Blick zu verändern, eine Abfahrt zu nehmen, auszusteigen um einzusteigen. „Wie flattert mein Herz, wie benebelt sind meine Augen, Ich bemühe mich irgendeine Wahrheit in deinen Lügen zu finden."Jetzt will ich aufhören Fußstapfen zu verfolgen, um dorthin zu kommen, wo andere schon waren. Ich will sehen, wie schön das Leben ist, mit fabelhaften Dingen und Orten, die mich erwarten. Ich will lachen, anstatt mein Weinen zu erklären. Ich will Nähe zulassen und verletzbar sein, anstatt mich selbst zu zerstören. „Und jetzt stolpert mein Herz über Dinge, die ich nicht weiß, diese Schwäche, die ich fühle, muss ich schlussendlich zeigen."Und ich fange an, deine Lügen zu erblicken und die Wahrheit zu erfassen. Das Leben ist bunt, das Grau wird zu Blau. Ich bin ein Teil der Farben des Lebens. Die Gefühle sind mein, sie ziehen nicht mehr bloß an mir vorüber. Ich will mein Leben erleben, verrückte Dinge treiben, einfach, weil mir danach ist. Die Welt wird sich auch weiterhin drehen, der Boden unter meinen Füßen wird nicht wegbrechen, nur, weil ich nicht perfekt bin. Denn manchmal ist es genau der richtige Weg, das Unperfekte unvollkommen zu lassen, es auszuhalten, es anzunehmen und stolz auf mich zu sein, weil ich mich bemüht habe.Nicht immer zählt das Ergebnis, sondern vielmehr der Weg, wie ich dorthin gekommen bin.

„Wie flattert mein Herz, wie benebelt sind meine Augen, Ich bemühe mich irgendeine Wahrheit in deinen Lügen zu finden. Und jetzt stolpert mein Herz über Dinge, die ich nicht weiß, diese Schwäche, die ich fühle, muss ich schlussendlich zeigen. Gib mir deine Hand und wir werden sie alle besiegen, aber gib mir dein Herz und ich lasse dich bloß fallen. Gib mir deine Augen, ich kann verändern was du siehst, aber deine Seele musst du behalten. Worin du deine Liebe investierst, investierst du dein Leben. In diesen Körpern werden wir leben, in diesen Körpern werden wir sterben.

Mit euch konnte ich erlernen, worin ich meine Liebe investiere, investiere ich mein Leben.Und meine Seele habe ich behalten, meine Seele ist frei. Komplett frei.


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