Unter dem Blick Deiner Augen...

Interaktions- und Beziehungsstörungen (sogenannte Persönlichkeitsstörungen) stellen keine tiefgreifende Störung der Gesamtpersönlichkeit dar, wie die Bezeichnung nahe legt, sondern sind vielmehr durch ungünstiges, oftmals inflexibles Interaktionsverhalten gekennzeichnet.

Diese besonderen Interaktionsstile können individuell stark variieren und beispielsweise durch besonders sensibles bis selbstunsicheres Verhalten oder durch das Gegenteil, also besonders selbstbewusste oder gar aggressive Züge gekennzeichnet sein; oder es liegen sprunghafte, dramatische oder übertrieben gewissen- bis zwanghafte Muster vor.

Unter dem Blick deiner Augen bin ich mir zur Frage geworden

Augustinus Aurelius

Die Art und Weise, wie wir mit uns selbst und unseren Bedürfnissen umgehen, sowie die Beziehungsgestaltung lernen wir von unseren Bindungspersonen. Diese frühen Erfahrungen schlagen sich in stabilen Annahmen und Glaubenssätzen über das Selbst und über Beziehungen (sog. Schemata) nieder. Beispiele dafür sind „Ich bin nicht liebenswert!“, „Ich bin anstrengend und für alle eine Last!“, „Wer aufmuckt, wird bestraft!“, „Man muss sich immer unterordnen!“. Damit Menschen gesund und zufrieden leben können, müssen sie ihre Grundbedürfnisse (z.B. nach Bindung, Anschluss und Wichtigkeit, Selbstwertschutz und Anerkennung, Autonomie, Orientierung und Kontrolle) befriedigen.

Dementsprechend richten sie ihr Handeln – oftmals unbewusst – aus. In einer sozialen Umwelt, in der z.B. Bedürfnisse nach verlässlichen, loyalen Beziehungen und Wichtigkeit nicht hinreichend beachtet werden, muss ein Kind Anpassungsstrategien entwickeln, um zumindest ein Minimum dessen zu erhalten, was es braucht.

Im Sinne der Bedürfnisbefriedigung zielführende Verhaltensweisen sind häufig solche, die von Bindungspersonen besonders erwünscht sind, wie z.B. Gehorsam und Unterordnung. Das Kind wird lernen, seine Aufmerksamkeit, sein Denken und Verhalten danach auszurichten. Durch diese Anpassungsstrategien erfährt das Kind womöglich Aufmerksamkeit und vermeidet Zurückweisung. Das eigentliche Motiv nach verlässlichen, loyalen Beziehungen und Wichtigkeit wird jedoch nicht befriedigt, sondern nur der „Lösungsweg“ verstärkt. Nicht befriedigte Motive bleiben fortlaufend von hoher Bedeutsamkeit und werden weiterhin die Wahrnehmung von Situationen und das Verhalten bestimmen, so dass die Anpassungsstrategien sich immer mehr festsetzen. Während dieses Verhalten für die kindliche Umwelt eine „Lösung“ darstellt, passt es oftmals nicht in den Beziehungskontext des Erwachsenen und fordert seinen Tribut. Oftmals stellen sich Interaktionsprobleme und Konflikte im privaten wie auch im beruflichen Leben mit deutlichem Leidensdruck ein, ohne dass jedoch die eigenen Schemata bewusst sind und somit auch kein Zusammenhang zum eigenen Verhalten hergestellt werden kann.

Mit der Schematherapie konzipierte Jeffrey E. Young eine Behandlungsmethode für sogenannte Persönlichkeitsstörungen. Ziel dabei ist es, problematische Interaktions- und Beziehungsmuster inklusive zugehöriger Schemata zu identifizieren, sie dem biografischen Kontext zuzuordnen – den damaligen Verletzungen und Entbehrungen – und in emotionsaktivierenden Übungen zu verändern. Dabei werden Fertigkeiten gefördert, die den Umgang mit sich selbst und mit Beziehungspersonen verändern sowie Sicherheit vermitteln. Eine Befriedigung zentraler Bedürfnisse sowie ein Umgang mit schwierigen Emotionen werden somit möglich.

Das schematherapeutische Training und die Supervision unserer Therapeuten erfolgte durch Herrn Dr. med. Eckhard Roediger, FA für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie; Leiter des Instituts für Schematherapie Frankfurt (IST-F).


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