Häufig gestellte Fragen

Der Umgang mit Menschen, die eine Straftat begangen haben und psychisch krank sind, ist für Außenstehende oft befremdlich und auch ängstigend. Unten stehend haben wir Fragen aufgelistet, die uns im Alltag oft gestellt werden und die helfen können, Verständnis für die Vorgänge und Prozesse in einer forensischen Klinik zu schaffen.

Warum mehr gibt es mehr als 54 Patienten in der Klinik? 

Fakt ist, dass 54 Patienten in der Klinik stationär behandelt werden (Stand 01.08.2016). Weitere Patienten befinden sich im Lockerungsstatus der sogenannten Langzeitbeurlaubung, also nicht mehr auf dem Gelände der Klinik, sondern in Wohnheimen im Gesamtbereich Westfalens. Die Arbeit mit den langzeitbeurlaubten Patienten wird i.d.R. über ein bis zwei Jahre in den nachsorgenden Einrichtungen fortgeführt. Zudem fahren unsere Ambulanzmitarbeiter ca. alle zwei bis drei Wochen in die jeweiligen Wohnheime, um diese Behandlung zu begleiten. Der Status „Patient“ wird aufrechterhalten, um eine schnelle Rückführung im Krisenfall unbürokratisch zu ermöglichen. So kann die Zahl der Gesamtpatienten ansteigen, ohne dass alle in der Klinik sind. Diese Praxis ist in allen Maßregelvollzugskliniken in NRW gleich, was durch das Maßregelvollzugsgesetz-NRW geregelt ist. Sobald Patienten unsere Klinik verlassen, werden selbstverständlich die frei gewordenen Therapie­plätze in der Klinik zeitnah nachbelegt. Entsteht dann in dem nachsorgenden Wohnheim, in das der Patient langzeitbeurlaubt wurde, eine Krise, wird der beurlaubte Patient kurzfristig in unsere Klinik zurückgeführt. Dies ist gesetzlich so vorgesehen und liegt nicht im Ermessen der Klinik. Ist sein Zimmer bereits durch einen neuen Patienten belegt, werden zwei Appartementräume übergangs­weise als Zimmer genutzt. So können sich zwischenzeitlich maximal 56 Patienten in der Klinik aufhalten. Jedem, der einmal Gast in unserer Klinik war, ist ersichtlich, dass in den Einzelzimmern von gut 12 Quadratmetern eine Doppelbelegung nicht möglich ist. Kurz zusammengefasst: Unsere Klinik hat nach wie vor 54 Behandlungsplätze, in Übergangszeiten können sich dort maximal 56 Patienten aufhalten. Die Zahl "69 Patienten" (Juli 2016) schließt somit auch die Patienten ein, die sich in der Langzeitbeurlaubung befinden.  

 

Warum leben entlassene Patienten auf dem Alexianer Campus?

In fünf Jahren Klinikbetrieb sind insgesamt nur zwei Patienten in den Wohnbereich der Alexianer eingezogen. Dies wurde  im Übrigen in der sogenannten Übereinstimmungserklärung aus 2002, die gegenwärtig diskutiert wird, nicht ausgeschlossen. Dort heißt es: „…grundsätzlich keine Unterbringung entlassener oder gelockerter Patienten in Einrichtungen des Alexianer Krankenhauses […], es sei denn, dass es sich um Patienten aus dem Umfeld handelt und die Reintegration therapeutisch sinnvoll erscheint.“ Herr. H. beispielsweise ist aus therapeutischen Gründen nicht mehr in seine Heimatregion rückführbar. Er hat sich mittlerweile hervorragend in das soziale Gefüge des  Alexianer-Campus eingefügt, arbeitet aktiv in den Werkstattbereichen mit und übernimmt bereits leichte Hausmeistertätigkeiten. Für seinen Tagesablauf und die therapeutische Arbeit mit ihm ist das betreuende Umfeld auf dem Alexianer-Campus optimal; dies gilt ebenso für den zweiten Patienten. Für beide gibt es (derzeit) keine geeignetere Alternative der Unterbringung außerhalb des Klinikgeländes der Alexianer. So fiel die Entscheidung, beide Patienten in den Wohnbereich zu integrieren, wohlüberlegt und unter Abwägung aller Alternativen und Faktoren. Gleichzeitig ist es möglich, Patienten, die aus Münster kommen und nicht wieder in Münster und Umgebung integriert werden können, zukünftig in anderen Regionen NRWs einzugliedern.  

 

Gibt es therapeutische Ziele in Amelsbüren und Senden?

Von der Eröffnung der Klinik bis zum heutigen Tag ist gemäß der Erklärung aus dem Jahr 2002 kein Patient nach Amelsbüren oder Senden unbegleitet gelockert worden. Wir sehen auch nach wie vor keine therapeutischen Ziele in Amelsbüren und Senden, wohl aber für eine kleine Patientengruppe (etwa fünf bis sieben Patienten) auf unserem Campus (Roncalli-Haus, Werkstatt etc.), der im Ortsteil Amelsbüren liegt. Dabei handelt es sich um solche Patienten, die weitgehende therapeutische Fortschritte erreicht und bereits mehrere unbegleitete Ausgänge in Münster und/oder ihrer Heimatregion erfolgreich – also ohne jegliche Beanstandungen - durchgeführt haben. Sie stehen unmittelbar vor der Langzeitbeurlaubung.

Entsprechend therapeutisch fortgeschrittene Patienten werden von uns zur Bushaltestelle vor dem Alexianer-Campus am Kappenberger Damm begleitet und fahren alleine mit dem Bus nach Münster. Dass ein Patient die Bushaltestelle verpasst oder ggf. falsch aussteigt und sich dann auf Amelsbürener/ Sendener Grund befindet, kann letztlich natürlich nicht ausgeschlossen werden. Dies betonen wir immer wieder. Dieser Fall ist jedoch bisher noch nicht eingetreten.   

 

Finden die Nachbarn Gehör im Klinikbeirat?

Im Klinikbeirat sind alle gesellschaftlichen Bereichen vertreten: Kirche, Politik, Vereine, die Gemeinden Senden und Amelsbüren (auch Bewohner), Polizei und Justiz, Behindertenhilfe etc. Die namentliche Zusammensetzung ist auf der Seite des Klinikbeirates ersichtlich. Vier Mit­glieder des Beirates wohnen direkt in Amelsbüren, teils in unmittelbarer Klinikumgebung, weitere in Senden.

 

Welche Rolle spielt der Klinikbeirat?

Die Aufgaben des Klinikbeirates sind in § 4 Maßregelvollzugsgesetz NRW gesetzlich geregelt. Der Klinikbeirat ist ein beratendes Gremium. Er selbst kann keine Entscheidungen bezüglich des Klinik­betriebes fällen, wohl aber Empfehlungen abgeben. In den mindestens zwei Mal jährlich statt­findenden Sitzungen werden aktuelle Themen intern besprochen. Die Beiratsmitglieder fungieren als Mittler für die von ihnen vertretenen Bereiche und stärken den Informationsfluss rund um den Maßregelvollzug. Details, die Rückschlüsse auf Patienten zulassen, dürfen aus daten­schutz­rechtlichen Gründen selbstverständlich nicht an den Beirat weiter gegeben werden.

 

Was ist ein zielgerichteter Ausgang?

Begleiteter oder – nach teils jahrelanger Therapie – unbegleiteter Ausgang ist für die Patienten stets mit einem klar definierten Ziel verbunden wie: "Donnerstag von 15-17 Uhr Einkäufe für das Abendessen im Lebensmittelladen in Hiltrup erledigen" oder "Montag von 16-18 Uhr Bekleidung im Geschäft XY in Münster-Innenstadt einkaufen" – lebenspraktische Dinge also. Der Patient führt ein Mobiltelefon mit sich, über das er erreichbar ist bzw. Kontakt mit der Klinik hält.  

 

Gab es Zwischenfälle im Rahmen der Ausgänge?

In fünf Jahren gab es die zwei folgenden Zwischenfälle: Ein Patient verpasste in Münster den Bus Richtung Amelsbüren. Er meldete sich in der Klinik und vereinbarte, einen Bus später zu nehmen. Ein anderer Patient traf in Münster auf einen alkoholisierten Bekannten, der ihn in einen Streit ver­wickelte, rief daraufhin in der Klinik an und nahm den nächsten Bus zurück in die Klinik.

  

Wer erhält Lockerungen und unter welchen Voraussetzungen?

Unbegleiteter Ausgang ist erst nach weitreichenden Therapiefortschritten und sorgsamer Gefährlich­keitseinschätzung möglich. Ihm voraus gehen viele kleinere Lockerungsschritte innerhalb der gesicher­ten Klinik, die sich üblicherweise über mehrere Jahre hinziehen. Die nächste Lockerungs­stufe - Ausgang außerhalb der Klinik - wird stets in Begleitung durchgeführt. Zuerst geht ein erfah­re­ner Mitarbeiter mit einem in der Therapie fortgeschrittenen Patienten nach Münster, später auch mit bis zu drei Patienten (Gruppenausgang). Erst dann erfolgt der Einstieg in unbegleitete Ausgänge und nach positivem Verlauf schließlich die Langzeitbeurlaubung. Die Lockerungsentscheidungen basieren auf der Zusammenschau der Einschätzungen aller Berufsgruppen in der Klinik. Zudem werden die Erkenntnisse aus den externen Prognosegutachten berücksichtigt. Die Staatsanwaltschaft ist über die Lockerungsschritte außerhalb der Klinik in Kenntnis zu setzen und kann ein Veto einlegen.

 

Welche Delikte haben die Patienten der Christophorus Klinik begangen?

Die Delikte bilden die gesamte Bandbreite ab, die auch im Strafvollzug zu finden ist. Etwas über die Hälfte unserer Patienten hat ein Delikt begangen, das sexuell motiviert war. Hierbei ist die Schwere der Straftat sehr unterschiedlich. Die Definition von Sexualdelikt reicht von Übergriffigkeit bis hin zur versuchten oder vollzogenen Vergewaltigung. Die übrigen Patienten haben Brandstiftungen, Körperverletzungen und Eigentumsdelikte verübt. (nachzulesen in der Fachzeitschrift „Forensische Psychiatrie, Psychologie und Kriminologie“ [2014] Seifert, D. Intelligenzgeminderte Rechtsbrecher im Maßregelvollzug. Bd. 8 Heft 3 S:183-190.) 

 

Arbeiten in der Klinik auch Frauen?

Der Anteil an weiblichen Klinikmitarbeitern beträgt etwa 40% (betrifft alle Berufsgruppen). Dass diese Frauen sich in ihrem Arbeitsfeld wohl und sicher fühlen, ist für uns selbstverständlich ein äußerst wichtiges Anliegen. Ein hohes Ausmaß an Sicherheit erreicht man erfahrungsgemäß in erster Linie durch eine gute, also vertrauensvolle therapeutische Beziehung und nicht allein durch tech­nische Sicherungseinrichtungen. Eine erfolgreiche Behandlung unserer ausschließlich männlichen Patienten ist nur möglich, wenn wir innerhalb der Klinik ein therapeutisches Milieu schaffen mit einem einigermaßen realistischen Abbild der Welt draußen, und dazu gehört auch eine Gleich­ver­teilung der Geschlechter.


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