Christian A.s zweites Leben

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Christian A. (l.) ist einer der ersten Klienten im neuen Intensiv-ambulanten Wohnen der Alexianer in Hörstel. Christian Gerke (r.) arbeitet in der Pflege und Betreuung vor Ort. Die Aktion Mensch unterstützte unlängst mit einem Fahrzeug.

, St. Antonius Krankenhaus, Hörstel

Neue Wohnform der Alexianer in Hörstel fest etabliert.

Eine Haustür zum Abschließen, wenn man Ruhe haben möchte, eine eigene Küche, Aufräumen und Putzen – was für Viele selbstverständlich erscheint, ist für Menschen mit Beeinträchtigungen oft schwer zu erreichen. Im neuen Konzept „intensiv-ambulantes Wohnen“ der Alexianer in Hörstel eröffnen sich für eben solche Menschen neue Möglichkeiten, selbstbestimmt und doch engmaschig begleitet zu leben. Das „IAW“ ist mit einem Mix aus Pflege und Betreuung ein Modellprojekt im Kreis Steinfurt.

Christian A. ist 28 Jahre alt. Ein Alter, in dem junge Menschen flügge werden oder es schon sind. Anders verlief das Leben bei Christian, der aus Hopsten stammt. Der junge, beeinträchtigte Mann rutschte aus der Bahn und erlitt vor vier Jahren zudem einen Schlaganfall, der ihn auch körperlich zurückwarf. Laufen, sprechen – einfache Dinge musste Christian neu lernen. Eine eigene, möglichst barrierefreie Wohnung schien in weiter Ferne zu sein, Obdachlosigkeit drohte. Krankenhäuser und Jugendhilfeeinrichtungen bestimmten sein Leben, in das er sich wieder zurück kämpfte.

„Er war ein idealer Kandidat für unser intensiv-ambulant betreutes Wohnen“, so Martin Clemens, der als Referent der Geschäftsführung der Alexianer St. Antonius GmbH das Projekt verantwortet. Gemeinsam mit dem Inklusionsamt Soziale Teilhabe des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe (LWL) wurde ein Konzept für das IAW erarbeitet, ein lokaler Unternehmer stellte Bauland und barrierefreie Neubauten zur Verfügung, die Aktion Mensch förderte eine Personalfinanzierung, die Stiftung Wohlfahrtspflege die Treppenlifte. Acht Wohnparteien in zwei Häusern an der Rheiner Straße in Hörstel sind nun ein neues Zuhause für Pflege- und Betreuungsbedürftige, vier Mitarbeitende sind hier abwechselnd beschäftigt.

Gemeinsam oder in den eigenen vier Wänden

„Je nach Bedarf fällt die Betreuung etwas weiter gefasst oder sehr engmaschig aus, hinzu kommt noch der Besuch eines Pflegedienstes, wenn die körperliche oder seelische Verfassung der Klienten es erfordert, und eine nächtliche Rufbereitschaft“, so Clemens weiter. Christian erhält Unterstützung in der Haushaltsführung und bei alltäglichen Dingen wie Behörden- oder Arztbesuchen. Zu seinem Nachbar, der unter anderem motorisch eingeschränkt ist, kommt regelmäßig der Pflegedienst. Gemeinsam werden die Freizeit gestaltet, Kontakte geknüpft oder lebenspraktische Dinge gelernt. Wer lieber seine Ruhe möchte, geht in die eigenen vier Wände. Für enge Begleitung sorgen Fachkräfte wie Christian Gerke, der gelernter Altenpfleger ist und nun im IAW auch manchmal Fahrräder repariert, wie er lachend erzählt.

„Das IAW soll modellhaft für ein Zusammenspiel von Wohnen, Betreuung und Pflege stehen, das auch an anderen Standorten denkbar ist“, erklärt Martin Clemens. Die Betreuungskosten übernimmt der LWL, die Miete für die Wohnung wird in der Regel vom Sozialamt getragen. Die acht Mieter stammen allesamt aus dem Kreis Steinfurt und sind im Schnitt 30 Jahre alt.

Das neue Leben genutzt

Christian hat sein neues Leben genutzt, um eine Lehre im Elektrobereich der Ledder Werkstätten zu machen. Er meistert seinen Alltag in den eigenen vier Wänden gut, schätzt aber auch, dass immer jemand da ist, wenn er Hilfe braucht, erklärt er. Wer nicht arbeiten kann, findet im Kreativbereich des Josef-Averesch-Hauses der Alexianer, der fußläufig erreichbar ist, Beschäftigung und soziale Kontakte. Zur besseren Mobilität unterstützte die Aktion Mensch unlängst die Anschaffung eines Ford Focus. „Die Bausteine passen hier einfach alle zusammen“, freut sich Martin Clemens.