Dem Grübeln einen festen Raum geben

AlexTalk Schlaf und Psyche
Rund um Schlaf und Psyche ging es beim AlexTalk in der Alexianer Waschküche.

, Alexianer Münster GmbH

AlexTalk zum Thema Schlaf und Psyche lockt viele Zuschauer.

„Ich bin mir sicher, Sie haben alle schlecht geschlafen!“, begrüßte Moderator und WN-Redakteur Stefan Werding die Zuschauer beim AlexTalk am vergangenen Dienstag. Die Kooperationsveranstaltung der Westfälischen Nachrichten und der Alexianer in Münster widmete sich dieses Mal dem Thema Schlaf und Psyche – und traf den Nerv Vieler, wie sich in der Waschküche und auch online im Laufe des Abends zeigte. Mit Prof. Dr. Judith Alferink und Priv.-Doz. Dr. Dieter Kunz, der live aus Berlin zugeschaltet war, standen zwei Alexianer-Chefärzte auf dem Podium, die die den Zusammenhängen zwischen Schlafstörungen und Psychischen Erkrankungen auf den Grund gingen.

Dass man mal länger zum Einschlafen braucht, nachts aufwacht und dann die Gedanken kreisen – das passiert vielen Menschen und kommt vor allem in stressigen Lebensphasen vor. Doch was, wenn der schlechte Schlaf die Lebensqualität so stark einschränkt, dass auch die Psyche leidet und man tagsüber „nur noch gerädert ist“? Oder leidet gar erst die Psyche und dann der Schlaf? 

Schnell stellte Dr. Dieter Kunz fest, dass es qualitative Unterschiede gibt zwischen dem Schlaf gesunder Menschen und denen mit Erkrankungen. Was zuerst gestört ist, sei die uralte „Henne-oder Ei-Frage“: Mal so, mal so. Der Chefarzt der Alexianer Klinik für Schlaf- und Chronomedizin am St. Hedwig-Krankenhaus in Berlin zeigte Videos von Patienten, die nachts sprechen, schreien, um sich schlagen, Fußball spielen oder aus dem Bett springen. „Das sind häufig Vorboten von schweren Erkrankungen, bei denen wir helfen können“, betonte er. 

Oft die Konsequenz eines langen Leidensweges: „Mehr als 1,5 Millionen Deutsche sind abhängig von Schlafmitteln“, sagt der Suchtreport der Bundesregierung. Das liegt daran, dass man Schlafmittel höchstens vier Wochen einnehmen dürfe. Wer dies länger tue, gelte als abhängig. Zumeist sind die Schlafstörungen aber nicht nach einem Monat vorbei. „Was sollen die Patienten denn machen?“ fragte Kunz. Deshalb wollte er die Medikationen nicht generell verteufeln. Leider fehlt es dafür in Deutschland häufig an Spezialisten. Die Begleitung durch Ärzte sei jedoch wichtig. Und auch auf den Aspekt der „Eulen und Nachtigallen“, also Menschen, die entweder früh aufstehen oder erst abends produktiv sind, ging er ein: „Jeder Mensch hat einen unterschiedlichen Rhythmus. Wen morgens der Wecker weckt, der ist offensichtlich noch nicht ausgeschlafen!“.

Die psychische Komponente beleuchtete Prof. Dr. Judith Alferink, Chefärztin des Alexianer Krankenhauses in Münster. In ihrem psychiatrischen Alltag gingen Schlafstörungen sowie Depressionen oder andere psychische Erkrankungen Hand in Hand.

Ein Baustein der Heilung kann sein, dem wachhaltenden Grübeln einen festen Raum zu geben. „Es klingt einfacher, als es zunächst ist, aber: Lassen Sie das Grübeln in gewissem Umfang zu. Verorten Sie es, setzen Sie sich zum Grübeln etwa auf einen Stuhl und versuchen Sie, nur dort die Gedanken kreisen zu lassen. Stehen Sie auf und lassen Sie die Gedanken dort.“ Nach einer Zeit verbinde der Geist nur noch diesen Ort mit der seelischen Unruhe. Das müsse man aber erlernen. Bei Depressionen ist ein klinischer Aufenthalt mit medizinischer Begleitung und Strategietrainings empfohlen.

Gesunde Routinen entwickeln

Es gibt Tipps, die man selber zuhause umsetzen kann, um Schlafstörungen zu minimieren.  Eine feste Schlafenszeit, zu der man zu Bett geht, sei essentiell für eine gesunde Schlafroutine, „auch am Wochenende“, betont die Chefärztin.

Ablenkung und positive Routinen helfen aus dem Grübeln heraus. Ob dabei Sport am Abend zählen würde, war eine Zuschauerfrage. Klare Antwort: Ja! Bewegung helfe unglaublich gut, sich den Tag über auszupowern und abends besser abschalten zu können. Nur von einem auslaugenden Marathon kurz vorm Schlafen riet die Chefärztin ab. 

Beide Chefärzte waren sich einig: Schlafstörungen sind die häufigsten Störungen in der Medizin, gleichzeitig werde das Fach oft übersehen. Zahlreiche Zuschauer- und online Fragen spiegelten den hohen Betroffenheitsgrad wider. 

Der nächste AlexTalk ist am 29. April 2025, dann zum Thema „Überfordert, ausgebrannt, lost“ – Burnout und hochfunktionale Depressionen bei Kindern und Jugendliche.