„Dem Pflegenotstand mit radikalen Veränderungen begegnen“

Psychiatrische Fachtagung
Die Organisatoren, Moderatoren und Referenten der Tagung (v.l.): Marina Holz (Alexianer Münster), Juergen Drebes (Uni Witten/Herdecke), Michael Gerdemann (Alexianer Münster), Dorothea Sauter (Deutsche Fachgesellschaft Psychiatrische Pflege), Renko Janßen, Larissa Schwarz, Tobias Wünnemann (alle drei Alexianer Münster) und Prof. Dr. Michael Löhr (LWL).

, Alexianer Münster GmbH

85 Gäste bei erster Psychiatrischer Fachtagung der Alexianer Münster

„Das haben wir immer so gemacht!“ – Pflegefachkräfte hören diesen Satz im beruflichen Alltag häufig. Um die Herausforderungen in der Branche zu bewältigen, kann es aber nicht weitergehen wie immer, lautete die Kernaussage bei der ersten Psychiatrischen Fachtagung der Alexianer Münster GmbH, die am Freitag im Kunsthaus Kannen stattgefunden hat.

Qualitätsmanagement und -sicherung, gestärkte Kommunikationswege, aber auch intensivere Patientenbegegnungen – diese Bausteine sind nur einige, die Pflege heute begleiten. Bereits in seiner Begrüßung verwies der Pflegedirektor der Alexianer Münster GmbH und der Alexianer Christophorus GmbH, Renko Janßen, auf den Fachkräftemangel, der beim Blick auf die Stationen offensichtlich sei. Die Referenten Prof. Dr. Michael Löhr, Pflegedirektor am LWL-Klinikum Gütersloh, und Juergen Drebes, Wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Fakultät für Gesundheit an der Uni Witten/Herdecke, begegneten diesem Aspekt in ihren Impulsvorträgen aus zwei unterschiedlichen Perspektiven.

"Loslassen und Vertrauen" als Prämisse

„Veränderungen gehen nur radikal und schnell, alles andere kann nicht funktionieren“, erklärte Löhr. Anhand der Fachkompetenzen der Einzelnen müssten sich selbstgestaltete Arbeitsprozesse etablieren. „Warum stellen wir Experten ein und sagen ihnen dann, wie sie zu arbeiten haben anstatt sie das machen zu lassen, was sie gut können?“, fuhr er fort. Die 85 Gäste folgten interessiert den Ausführungen.

Löhr berichtete von Neuerungen im Klinikum Gütersloh: Stationsteams, in denen die Mitarbeitenden selbst ihre Dienstpläne schreiben, flachere Hierarchien und gleichzeitig autonomer arbeitenden Fachkräften. Unter der Prämisse „Loslassen und Vertrauen“ habe sich innerhalb der vergangenen drei Jahre eine positive Entwicklung gezeigt. Bei der Zufriedenheit der Mitarbeitenden und durch einen erfüllten Stellenschlüssel in seinem Haus. „Es gab noch nie so viele Pflegende und Ärzte. Aber zu viele haben den Beruf verlassen. Wir müssen sie zurückholen und das geht nur, indem wir die Bedingungen in unseren Häusern verbessern“, schloss er.

"Wir brauchen keinen Applaus"

Die Relevanz von Haltung und Beziehungsgestaltung stellte Drebes in seinem Vortrag heraus. Es müsse überprüft werden, wo Investitionen wirklich notwendig seien und wie die Rahmenbedingungen in der Pflege verbessert werden könnten. „Wir brauchen keinen Applaus“, betonte Drebes. „Wir brauchen eine starke Gewerkschaft, einen starken Berufsverband und starke Pflegekammern.“

In sieben Workshops setzten sich die Teilnehmenden nach einer Mittagspause im Hotel am Wasserturm mit unterschiedlichen Schwerpunktthemen auseinander. Von Behandlungsansätzen bis hin zu Einflussfaktoren und Hintergründen zur Haltung in der Pflege reichten die Inhalte. Rundgänge über den Alexianer-Campus rundeten das Programm ab.

Dorothea Sauter, Präsidentin der Deutschen Fachgesellschaft Psychiatrische Pflege, fasste die Relevanz der Psychiatrischen Pflege in ihrem Grußwort zusammen: „Wir bilden ein hohes Spektrum an Lebensthemen ab. Nicht nur für einzelne Betroffene, sondern für die gesamte Gesellschaft. Deshalb brauchen wir eine hohe Fachlichkeit, sehr viel Wissen in einer hohen Breite und Methodenvielfalt.“