Dr. Christopher Kirchhoff erläuterte die psychosomatische Beschwerden bei Kindern und Jugendlichen. „Kinder können oftmals nur mit dem Körper sprechen, darum müssen wir ihren Beschwerden zunächst eine Sprache geben, um ihnen aus der inneren Konfliktlage heraus zu helfen“. Das ruhige Gespräch in einem geschützten Rahmen und gemeinsame Erfassen der quälenden Probleme durch Worte lautete damit ein zentrales Lösungsangebot von Dr. Christopher Kirchhoff, wenn Kinder wiederkehrend unter den berühmten Bauchschmerzen oder anderen psychosomatischen Beschwerden leiden.
Mit einem großen Erfahrungsschatz als ehemals langjährig praktizierender Kinderarzt und heutiger Chefarzt in der Don Bosco Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie erläuterte der Alexianer-Experte Schritt für Schritt wertvolle Hilfen, betonte aber auch: „Wir als Ärzte haben zwar die Aufgabe, die Symptome der Kinder zu übersetzen. Doch fast immer spielt die Intuition der Mütter oder auch Väter eine ebenso wegweisende Rolle!“
Ob Bauch- oder Kopfschmerzen, Neurodermitis, Krampfanfälle, Ängste, Lähmungen oder auch Asthma – die Bandbreite körperlicher Beschwerden bei Kindern sei vielfältig. „Ich selbst bin über die Bauchschmerzen der Kinder zur Tätigkeit in der Psychiatrie gelangt“, berichtete Kirchhoff von einer spannenden Zeit auf einer Frühchen-Station: „Die ersten Erfahrungen von Kindern wie getragen, geschmust, gewickelt oder gefüttert zu werden sind stets leiblicher und dauerhaft prägender Natur!“ So liege es für Kinder nahe, später auch bei psychischen Stress zunächst körperlich zu reagieren. Und längst sei die enge Verzahnung zwischen unserem Kopf- und Darm-Hirn erwiesen und auch letzterem werde ein Art Gedächtnis zugeschrieben: „So kann es sein, dass ein Kind mit Schulangst tatsächlich am Montagmorgen immer Bauchkrämpfe bekommt, sobald die Gedanken an Schule im Kopf kreisen“.
Doch was dann tun? Immer habe die Frage nach somatischen Ursachen Priorität. Bleibe die befundlos, helfe in einem ersten Schritt häufig schon Zuwendung und Zuspruch: „Eine Wärmflasche für den Bauch oder ein gekochter Tee signalisieren den Kindern das Vertrauen und Annehmen der Eltern“. Die eigentliche Aufarbeitung gelinge dann aber oft nur mit viel Ruhe und in einem geschützten Rahmen: „Das zu Bett bringen bietet eine solch` gute Atmosphäre für ein Gespräch.“ Den Kindern zuhören, sich in ihr Erlebtes und ihre kindliche Lebenswelt hinein zu versetzen, die inneren Konflikte dann mit Worten zu benennen und sie damit mitsamt dem auslösenden Konflikt „quasi zu verwörtern“ bringe den Kindern häufig schon eine große Entlastung.
Zudem könne es hilfreich sein, auch mal konkret im Umfeld der Kinder nach Ursachen zu schauen: „Zum Beispiel tatsächlich mal selbst auf den Schulhof zu gehen und mit den Lehrern oder anderen Beteiligten zu sprechen.“ Auch andere Sichtweisen, etwa von Schulsozialpädagogen, könnten wertvolle Hilfen zum Gesamtbild und Lösungen geben, insbesondere wenn es um Schuldzuweisungen gehe. Wenn das Leiden der Kinder dennoch nicht aufhöre, sei in der Tat therapeutische Hilfe angezeigt: „Dann ist zwar oft schon viel passiert, doch die therapeutische Aufarbeitung zu jedem Zeitpunkt im Kindes- und Jugendalter lohnenswert!“