Vortrag von CPM-Leiterin Priv.-Doz. Dr. Eva-Nadine Striepens zum Thema Hormone stieß auf großes Interesse: „Ach, das sind bestimmt die Hormone.“ Bei vielen Gefühlsregungen berufen wir uns auf die hormonelle Situation in unserem Körper und das offenbar zu Recht: „An dieser vielzitierten Vermutung ist einiges dran, denn ohne Hormone gäbe es tatsächlich keine Gefühle“, bestätigte Priv.- Doz. Dr. Eva- Nadine Striepens den rund 130 Gästen beim jüngsten Alex Talk.
Die Neurowissenschaftlerin und Leiterin des Alexianer-Centrums für Psychiatrie, Neurologie und Psychotherapie Münster (CPM) nahm ihre Zuhörer mit auf eine spannende Reise in die Welt der Botenstoffe und deren Wirkungen. „Die Endokrinologie besteht zwar schon seit mehr als 130 Jahren und doch kennen wir aktuell nur etwa 100 Hormone“, stellte die Psychiaterin und Psychotherapeutin ihrem Vortrag voran. Rund 90 Prozent der Hormone seien uns noch unbekannt, was unterstreiche, wie komplex das hormonelle Zusammenspiel in unserem Körper tatsächlich sei.
Immerhin gut erforscht seien einige der markantesten „Dirigenten unseres Lebens“ wie zum Beispiel das „Glückshormon“ Serotonin. Dessen Konzentration im eigenen Körper könne man sogar selbst fördern: „Und zwar, in dem Sie genau die Dinge machen, die Ihnen Freude bereiten wie zum Beispiel Ihren geliebten Hobbys nachgehen, sich mit Freunden treffen oder Sport treiben."
Viel Irrglaube ranke sich hingegen oft um das bekannte Männer-Hormon Testosteron. Dies habe traditionell eher einen schlechten Ruf: es mache aggressiv, sexsüchtig und egoistisch. Ob es diese Effekte aber tatsächlich auf das menschliche Verhalten hat, kann die Wissenschaft noch nicht klar beantworten.
Für eine Vielzahl psychischer und somatischer Symptome zeigt sich der weibliche Gegenspieler, das Östrogen, verantwortlich. Sowohl aktiv in jungen Jahren wie auch bei dessen Rückgang mit Beginn der Menopause könne es vielen Frauen körperlich wie psychisch schwer zu schaffen machen.
Ebenso vielfältig wirke das bekannte Stresshormon Cortisol: „In Urzeiten eigentlich gedacht als schlagkräftiges Abwehr-Hormon zur Verteidigung gegen akute Gefahr, passt es eigentlich gar nicht mehr so richtig in unsere hektische Zeit“, bemerkte Striepens. „Denn vielfach stehen wir heute ständig unter Strom und diese permanent hohe körperliche Alarmbereitschaft kann zu vielen ernsthaften körperlichen Folgen wie Bluthochdruck, Herzerkrankungen oder auch Depressionen führen“.
Negativfolgen zeigten ebenso Studien zu den Auswirkungen von Stress in der Schwangerschaft: Hier führe das Stresshormon Cortisol zu einer schnelleren Hirnreife der Kinder, jedoch auf Kosten der Funktionalität. Die Kinder hätten damit ein erhöhtes Risiko, im weiteren Leben Angsterkrankungen, Depressionen, ADHS sowie Herz- und Diabeteserkrankungen zu entwickeln.
Überraschendes erfuhren die Zuhörer zum Kuschel- und Bindungshormon Oxytocin, dessen Wirkweise die Referentin in Forschungsprojekten selbst untersuchte und publizierte. So habe dieses Hormon neben den vielen positiven Wirkungen wie soziale Bindung, Nähe und Vertrauen auch eine „dunkle Seite“: Studien unterstreichen Oxytocin zwar als Verstärker des „Wir-Gefühls“, zugleich fördere es jedoch auch Abgrenzung, Ethnozentrismus und gruppendienliche Verlogenheit.
„Auch dies resultiert aus der Ursprungsfunktion, die eigene Gruppe optimal zu erhalten“, erklärte die Alexianer-Expertin. Einblicke gab sie auch in das therapeutische Potenzial von Oxytocin, etwa zur Behandlung bei Autismus-Erkrankungen: „Allerdings sind wir hier von einem Einsatz als Medikament noch weit entfernt“, bemerkte sie abschließend.