„Interesse zeigen und Vorbild sein!“

Alex Talk Gaming geboostert
Alexianer-Oberarzt Florian Hanke (l.) und sein Kollege Benjamin van der Linden erläuterten im Live-Talk mit WN-Redakteurin Annegret Schwegmann krankmachende Faktoren des übermäßigen Gamings und beantworten viele Zuschauerfragen.

, Alexianer Münster GmbH

Alexianer-Experten gaben Tipps zur Prävention und beantworteten viele Zuschauerfragen.

„Nicht pauschal verteufeln, konsequent lenken, Vorbild sein und vor allem zeigen Sie auch Interesse und fundiertes Wissen an dem, womit sich Ihre Kinder beschäftigen!“ Diese und weitere Empfehlungen gab Alexianer-Experte Florian Hanke den vielen Zuschauern beim Alex Talk zum Thema Computerspiele und Suchtgefahren an die Hand. Und man merkte schnell: Der Oberarzt der Alexianer Don Bosco Klinik und Tagesklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und sein Co-Referent Benjamin van der Linden, der im Klinikalltag als pflegerischer Leiter und Kinderkrankenpfleger erkrankte Jugendliche begleitet, konnten in ihrem Vortrag immer wieder auf ihre eigene Spieleerfahrung zurückgreifen und somit viele anschauliche Beispiele geben.

Neben den generellen Verlockungen der Videospiele für Kinder und Jugendliche habe die Pandemie und besonders der erste Lockdown das Spieleverhalten stark geboostert: „Allen voran hat die pathologische Nutzung in dieser Zeit leider den größten Anstieg erfahren, und zwar um ganze 51,8 Prozent“, erläuterte Hanke die Zahlen einer DAK-Studie und ergänzte: „Auch jetzt nach dem Wegfall vieler Corona-Einschränkungen haben wir in vielen Bereichen noch immer nicht das Niveau wie vor der Pandemie erreicht.“

Das hohe Suchtpotential für Kinder und Jugendliche sei daher schon auf vielen Ebenen bekannt, so nun beispielsweise auch in den Fragebögen bei Vorsorgeuntersuchungen integriert.

Allen voran sollten die Eltern als Erziehungsberechtigte erste Anzeichen eines krankmachenden Konsums erkennen: „Denn sie tragen die Verantwortung!“ Sollten sie als Erziehende nicht entsprechend reagieren, etwa aus Unwissenheit oder auch eigener Überforderung mit der Situation, könnten der Kinderarzt, Beratungsstellen oder niedergelassene Psychiater als weitere Ansprechpartner helfen.

Beim groben Richtmaß von rund 10 Minuten pro Lebensalter bilde die Nutzungsdauer beim Gamen einen wichtigen Marker für den pathologischen Konsum. Aber auch weitere Auffälligkeiten wie ständige Gereiztheit, Antriebslosigkeit, abfallende schulische Leistungen, verschobener Tages-Nacht-Rhythmus, Rückzug aus dem sozialen Umfeld oder auch Kopfschmerzen bis hin zu psychischen Begleiterkrankungen sollten Eltern alarmieren, möglichst schnell aktiv gegenzusteuern.

„In der anvisierten Diagnose-Erweiterung Gaming-Disorder sind der Kontrollverlust, die Priorisierung des Gamings vor allen anderen Aktivitäten, dessen dauerhafte Fortsetzung trotz negativer Konsequenzen und eine daraus resultierende schwere Beeinträchtigung der altersgerechten Teilhabe in einem Zeitraum von mehr als 12 Monaten als ausschlaggebende Kriterien umschrieben“, ergänzte der Kinder- und Jugendpsychiater.

Und wenn das ältere Kind oder der Heranwachsender schon gar nicht mehr erreichbar sind? „Dann ist es umso wichtiger, ernsthaftes Interesse und auch Wissen über die Spiele zu zeigen, um so vielleicht einen Ansatzpunkt zum Gespräch darüber zu finden“, riet Benjamin van der Linden.

Immer wieder klang die eigene Auseinandersetzung mit der digitalen Spielewelt als hilfreiche Brücke zu den Kindern durch. „Da das Abtauchen in digitale Phantasiewelten zunehmend auch das Spielverhalten von jüngeren Kindern prägt, kann entsprechende Wissensvermittlung zum richtigen Umgang mit den Spielen und Medien an Eltern, Schüler wie auch Lehrer schon im Grundschulalter eine sehr sinnvolle Sache sein“, unterstrich Hanke die Anregung einer Zuschauerin.

Aber natürlich bliebe auch das eigene Verhalten wie in nahezu allen anderen Lebensbereichen eine bedeutsame Richtschnur für die Kinder. Auch wenn es manchmal Zeit und die Überwindung der eigenen Angewohnheiten und Bequemlichkeit erfordere, ermunterten die Alexianer-Experten abschließend: „Zeigen Sie ihren Kindern immer wieder aktiv sinnvolle Alternativen zu PC, Tablet und Handy auf!“

Stream zum Nachschauen unter: Mediathek - Alexianer Münster (alexianer-muenster.de)