Mit innerer Haltung zum würdevollen Miteinander

AlexTalk Demenz und Würde
Die beiden Alexianer-Expertinnen Suzanne Reidick (l.) und Dr. Birgit Leonhard (r.) von der Gerontopsychiatrischen Beratung im Clemens-Wallrath-Haus gaben den zahlreichen Gästen im Gespräch mit WN-Moderator Stefan Werding wertvolle Anregungen für den Pflegealltag.

, Alexianer Münster GmbH

Viele Zuschauer vor Ort und an den Bildschirmen informierten sich zum Thema „Demenz und Würde“.

 Eines wurde beim jüngsten AlexTalk zum Thema „Demenz und Würde“ schnell deutlich: Niemand ist mit seinen Sorgen und Nöten allein – es gibt vielfältige professionelle Unterstützung und auch ein Austausch mit Gleichgesinnten kann wertvolle Impulse und Stärkung für den oft anstrengenden Alltag bringen.

„Niemals mehr höre ich von meinem Mann ein liebes Wort, dabei leiste ich doch den ganzen Tag für ihn so viel“, beschrieb eine Zuschauerin zum Beispiel ihre Sehnsucht nach Anerkennung.  
„Vielleicht finden Sie diese künftig bei anderen Menschen“, riet Suzanne Reidick (Sozialarbeiterin und Pflegefachkraft). Gemeinsam mit ihrer Kollegin Dr. Birgit Leonhard (Theologin und Pflegefachkraft) steht sie seit vielen Jahren in der Gerontopsychiatrischen Beratungsstelle vielen Angehörigen und Betroffenen mit Unterstützung und Rat zur Seite. 

In ihrem Vortrag zeigten die Expertinnen mit Hilfe eines Perspektivwechsels in die Welt eines Menschen mit Demenz zunächst deren Situation und Befindlichkeit auf: Zu den altersbedingten Einbußen durch körperliche Veränderungen sowie dem Verlust gewohnter sozialer Rollen und Kontakte kämen bei der Demenz die kognitiven Defizite noch hinzu. So führe die Diagnose und das Erleben dieser Verluste meistens zu Angst und Verunsicherung, Trauer und Scham. „Denn in einer Gesellschaft, in der die geistige Leistungsfähigkeit sehr hoch angesiedelt ist, ist deren schleichender Verlust für viele ein besonders schwerwiegender Einschnitt und führt häufig zu einer elementaren Erschütterung“, erklärte Leonhard. Die Betroffenen geraten somit in eine große Not, aus der dann für ihr Umfeld oft unverständliche, skurrile oder sogar störende Verhaltensweisen resultieren. „Im Kampf um die eigene Würde und das Selbstbild wird die Verantwortung für Fehler oder Missgeschicke dann ausgelagert“, beschreibt die Theologin ein typisches Reaktionsmuster. Im Lauf der demenziellen Entwicklung treten die menschlichen Grund-Bedürfnisse wie etwa nach Liebe, Betätigung, Trost und Identität sowie die Emotionen stärker in den Vordergrund. 

„Letztlich basiert eine gute Kommunikation ganz wesentlich auf der inneren Haltung“, beschreibt die Expertin ein Grundprinzip und ergänzt: „So seltsam das Verhalten Ihres Familienmitglieds Ihnen auch erscheinen mag: Gehen Sie immer davon aus, dass es einen Grund hat und einer inneren Logik folgt“. Beispielhaft führte Suzanne Reidick einige Verhaltensregeln an: „Vermeiden Sie Korrekturen, Lügen, Beweise oder Ablenkungen. Hören Sie stattdessen aufmerksam zu und antworten Sie eher auf der Gefühls- als auf der Sachebene.“ Insgesamt sei es hilfreich, sich mehr auf die verbleibenden Ressourcen zu konzentrieren: „Emotionen und nonverbale Kommunikation, Spiritualität, Musik hören, Tanzen gehen oder andere gemeinsame schöne Unternehmungen – all` das geht oft noch!“

Beide Referentinnen richteten ein besonderes Augenmerk auch auf die Bedürfnisse und die Würde der sorgenden Angehörigen: „Kümmern Sie sich gut um sich selbst, denn dann geht es auch Ihrem erkrankten Familienmitglied gut!“ Tagespflegen, Austausch mit anderen Pflegenden, Schulungen, ein gutes Netzwerk oder Urlaube – all das sei für Angehörige förderlich, um immer wieder aufzutanken. 

Abschließend brachte eine Zuschauerin auch die gesamtgesellschaftliche Dimension beim Thema Demenz und Würde auf den Punkt: „Ich würde mir wünschen, die Angst unserer Gesellschaft vor der Demenz mitsamt ihren Verlusten würde abnehmen, denn das erleichtert auch die Akzeptanz bei den erkrankten Menschen selbst!“

Zum Nachschauen unter: www.alexianer-muenster.de/unternehmen/aktuelles/mediathek